Die schwäbische Hauptstadt Mariens

Frau G. Emminger 50 Jahre Organistin in Maria Vesperbild

50 Jahre Organistin – Wie Gerlinde Emminger zur Kirchenmusik kam, was sie gern spielt und warum ihr die aktuelle Situation Sorge bereitet

Maria Vesperbild – Wenn Gerlinde Emminger aus Schellenbach einen Gottesdienst besucht und nicht auf der Orgelbank sitzt, dann beschleicht sie ein komisches Gefühl. Das muss nicht überraschen, denn Gottesdienst und Orgelspiel, das gehört für sie eng zusammen. Seit 50 Jahren orgelt sie am schwäbischen Wallfahrtsort Maria Vesperbild mindestens sechs Mal pro Woche im Gottesdienst und in den Hochphasen des Kirchenjahres deutlich öfter. Sie kann genau datieren, wann sie ihren ersten Musikunterricht bekam, nämlich am 4. April 1967, damals 10 Jahre alt. Voraussetzung dafür war gewesen, dass ihre Mutter zur Hochzeit ein Harmonium geschenkt bekommen hatte. Das sollte die kleine Gerlinde spielen lernen. Vier Jahre bekam sie Unterricht bei Schwester M. Erminolda in Ursberg. Fünf Mark habe die Stunde gekostet, weiß das kleine Notizbuch, das Gerlinde Emminger damals geführt hat. Als ihr Spiel immer sicherer wurde, habe Geistlicher Rat Jakob Ruf sie dazu aufgefordert, am Sonntagnachmittag bei der Andacht in der Wallfahrtskirche die Orgel zu spielen. Die Anfänge waren alles andere als einfach, erinnert sich Gerlinde Emminger. Bauchweh habe sie am Sonntag gehabt und beim Mittagessen keinen Bissen hinuntergebracht, so aufgeregt sei sie gewesen. Auch als sie dann als Organistin erste Gottesdienste übernahm, sei sie noch von Unsicherheit geplagt gewesen. Meist habe sie versucht, nach der Messe möglichst unauffällig die Treppen von der Empore hinabzusteigen, um den Gottesdienstbesuchern nicht zu zeigen, dass sie es gewesen war, die georgelt hatte. Mit der Zeit verlor sich die Aufregung. Gerlinde Emminger fühlte sich wohl auf der Orgelbank, die sich einstellende Routine ließ es zu, dass sie ihr Repertoire beharrlich ausweitete.

Neue Aufgaben kamen hinzu. Am 5. Mai 1992 suchte die Wallfahrt per Aufruf Sängerinnen und Sängern. 20 Personen meldeten sich, der Wallfahrtschor wurde gegründet. Pater Gerhard Löffler dirigierte, Gerlinde Emminger begleitete die Sängerinnen und Sänger. Auch wenn Blasmusikkapellen oder andere musikalische Ensembles den Gottesdienst mitgestalten, ist die Organistin dabei, schließlich kennt sie die liturgischen Abläufe in- und auswendig und wird deshalb gebraucht, damit alle Einsätze korrekt erfolgen.

Ihre erste Messe, so erinnert sich Gerlinde Emminger, sei die Schubert-Messe gewesen. Diese Musik gehe ans Herz. Überhaupt spiele sie am liebsten Messen und Lieder, die innig und seelenvoll sind. Das kommt gut an, bei den Kirchenbesuchern und der Geistlichkeit. „Spielen Sie, was sie wollen, aber ein liturgischer Schlager muss es sein“, habe Prälat Dr. Wilhelm Imkamp geantwortet, wenn sie ihn fragte, welche Musik er haben wolle. Für Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart ist es bedeutsam, dass Gerlinde Emminger eine tief gläubige Christin ist. Das spüre man, das höre man, wenn die Organistin mit gläubigen Herzen dabei sei, erklärte er bei der Ehrung von Gerlinde Emminger. Und schließlich sei die Musik nicht nur schmückendes Beiwerk, sondern ein wesentlicher Teil der Messe. Die Kirchenmusik vermittele den Hörern eine Ahnung von der Herrlichkeit des Himmels. Zum besonderen Jubiläum verlas der Wallfahrtsdirektor ein persönliches Dankschreiben von Bischof Bertram Meier, das die außergewöhnliche Treue und Verlässlichkeit der Organistin hervorhob.

Die Orgel zu spielen im Gottesdienst, das ist für Gerlinde Emminger etwas, das unverzichtbar zu ihrem Leben gehört. Schmerzlich habe sie Gottesdienst und Orgelspiel vermisst in der ersten Corona-Lockdown-Phase. Mit Sorge beobachtet sie die aktuelle Entwicklung. Die nun schon seit Wochen anhaltende Zwangspause könnte für den einen oder anderen Kirchenchor das Aus bedeuten. Dabei würde sie gerne ein weiteres Jubiläum feiern: 30 Jahre Wallfahrtschor Maria Vesperbild im Jahr 2022.

(hli)

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