Die schwäbische Hauptstadt Mariens

Warum Gerda Riedl meint, die biblische Maria sei Vorbild auch für die Frauen von heute

Artikel in der Augsburger Allgemeinen von Dr. Heinrich Lindenmayr.

War die Rolle der Gottesmutter Maria ausschließlich darauf ausgerichtet, zu schweigen, zu dienen und zu leiden? Ist die biblische Maria daher gänzlich ungeeignet, den Frauen der Gegenwart ein Vorbild zu sein? Würde solch ein Vorbild nicht bedeuten, dass die Frauen von heute all ihre Talente und Fähigkeiten verleugnen müssten, um die althergebrachte und ungerechte Dominanz der Männer in alle Zukunft hinein festzuschreiben? Die innerkirchliche Bewegung „Maria 2.0“ fordert die Gleichberechtigung der Frau in der Katholischen Kirche und eine radikale Revision des überlieferten Bildes von der Gottesmutter. Viel Staub aufgewirbelt haben die Vertreterinnen von „Maria 2.0“ mit ihren Thesen und Postulaten, vor allem aber durch ein Bild, das Maria mit einem zugeklebten Mund darstellt. Professorin Dr. Gerda Riedl, Leiterin des Referats „Glaube“ der Diözese Augsburg, bezog mit ihrem Vortrag „Maria – das Original“ klar Stellung gegen das von „Maria 2.0“ propagierte Marienbild. Allein der Name der Bewegung sei, so Riedl, eine Provokation. Er orientiere sich an der Bezeichnung von Computerprogrammen. „2.0“ bedeute beim Computerprogramm, so ihre Auffassung, dass eine neue, wesentlich leistungsfähigere Variante verfügbar sei und somit die alte Version ausgedient habe.

Was hat die originale Gottesmutter Maria den Christen und insbesondere den christlichen Frauen von heute noch zu sagen? Gerda Riedl prüfte hierzu vor allem die Textstellen in den Evangelien, die sich mit Maria befassen. Folgte man nur den Evangelisten Markus und Matthäus, würde die Vorstellung von Maria als schweigender und dienender Person durchaus bestätigt. Ganz anders verhalte es sich mit dem Lukas-Evangelium. Lukas zeige laut Gerda Riedl eine andere Maria, eine, die nachdenke und deute, eine, die nachfrage, eine, die am Ende frei entscheide und die Position, für die sie sich entschieden habe, verinnerliche und fortan ohne Wenn und Aber vertrete. Auch das Johannes-Evangelium präsentiere eine Maria, die vorbildhaft agiere. Sie sehe die Not und wolle helfen. Sie agiere selbstbewusst gegen alle Widerstände. Auch als Jesus bei der Hochzeit von Kana die Initiative seiner Mutter zunächst schroff ablehnt, lasse sich Maria nicht irritieren. Letztendlich erweise sich die Aktivität Marias als unaufdringlich, gleichwohl effektiv und zielführend.

Maria, das biblische Original, sei in ihrem Wesen und Wirken absolut vorbildhaft, auch für die moderne Frau. Problematisch sei laut Gerda Riedl nicht Maria selbst, sondern die Deutung der Gottesmutter durch „Maria 2.0“.

Zweierlei kritisierte die Referentin an dieser für sie vorgeblich zeitgemäßen Interpretation. Zum einen setze sie auch da auf die Vernunft, wo die Grenzen eines vernünftigen Denkens längst überschritten seien. Zum anderen gehe diese Interpretation von einem egoistischen Verständnis des Menschen aus. Anerkennung durch die Mitmenschen, Aufmerksamkeit der Mitmenschen und Selbstwirksamkeit seien zwar wichtig für die Entfaltung der Persönlichkeit und ein gesundes Selbstwertgefühl, dürften aber keinesfalls verabsolutiert werden. Den heutigen Menschen mangele es vielfach an der Demut, die eigenen Interessen, den persönlichen Geltungsdrang zu begrenzen und sich in den Dienst einer größeren „Sache“ zu stellen, behauptete Gerda Riedl.

Das werde die Zeit wieder korrigieren, meinte sie. Die Größe Marias erweise sich an ihrer Demut, den Willen Gottes zu erkennen. Dadurch sei sie in der Lage, auf das Ganze und auf das überirdische Ziel zu schauen. Letztendlich sei es Maria, die in ihrem irdischen Leben alles erreicht habe, was möglich sei.

Auf Einladung von Wallfahrtsdirektor Monsignore Erwin Reichart (rechts) referierte Prof. Dr. Gerda Riedl (links) über die Gottesmutter Maria als Vorbild für die Christen der Gegenwart.

Bild: Dr. Heinrich Lindenmayr

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