Die schwäbische Hauptstadt Mariens

Die Tagespost: Magnet Maria

 

Großer Wallfahrtstag in Vesperbild: Pater Karl Wallner wirbt für die Mission. Von Regina Einig

Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Magnet-Maria;art312,191338
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Hohe Baumkronen überdachen die Fatimagrotte. Maria Vesperbild schwelgt in Farben. Der Große Wallfahrtstag am Hochfest der Aufnahme der Gottesmutter in den Himmel ist ein Erlebnis für Geist und Sinne: Duftende Kräuterbuschen, Gesänge und Gebet begleiten den Strom der Wallfahrer unter strahlend blauem Augusthimmel. Von den morgendlichen Messen mit Kräutersegnung in der Wallfahrtskirche bis zum abendlichen Amt entfaltet sich der Zauber des Ortes. Traditionelle Volksfrömmigkeit, Pilger aus vielen Nationen und eine außergewöhnlich innige Verehrung Mariens verschmelzen vor idyllischer Naturkulisse. Zehntausend Pilger kommen in diesem Jahr.

Im Pilgeramt schlägt Wallfahrtsdirektor Erwin Reichart in der Predigt den Bogen vom Jahr 1950 in die Gegenwart. Nach den schwierigen Kriegs- und Nachkriegsjahren habe die Kirche mit der Verkündigung des Dogmas von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel die Würde des Menschen in einer Zeit allgegenwärtiger Erniedrigung der menschlichen Natur herausgestellt. Menschliche Würde gründe in der hohen Berufung, die Gott jedem Einzelnen schenke. „Maria steht beispielhaft für die Berufung aller Menschen – gerade auch der Schwachen, Kranken und Leidenden, die in der Welt nichts gelten.“ Sie alle seien von Gott berufen, ihm ähnlich zu werden. Das Dogma von der leiblichen Aufnahme Mariens in den Himmel sage: „Der Leib ist kein Wegwerfprodukt“. Reichart erinnert an die Aktualität des Dogmas angesichts zeitgenössischer Formen menschlicher Erniedrigung. Ausdrücklich nennt er die verfolgten Christen, Kriegsgebiete, Abtreibungen und die mit der Vernichtung von Embryonen verbundene künstliche Befruchtung. Die Kirche verkünde ihre Botschaft von der unaussprechlichen Würde der Alten, Schwachen und Kranken heute gegen den gottlosen Materialismus der Zeit.

Klare Worte – und sie kommen bei den Gläubigen an. Viele haben für die Wallfahrt einen weiten Weg in Kauf genommen und hohe Erwartungen an die Verkündigung in Maria Vesperbild. Dreißig Jahre Jahre lang prägte der zum Jahreswechsel 2017/18 in den Ruhestand gegangene Prälat Wilhelm Imkamp die berühmteste Kanzel Schwabens: unkonventionell, hochgebildet und aus tiefstem Herzen traditionell. Maria Vesperbild wurde in Zeiten einer sich auflösenden Volkskirche und zurückgehender Messbesucherzahlen zum deutschlandweit bekannten Markenzeichen solider Volksfrömmigkeit. Seit Anfang des Jahres hat Geistlicher Rat Erwin Reichart die Leitung übernommen. Er bringt langjährige Erfahrungen aus der Pfarrseelsorge mit. Ein neues Angebot sind geistliche Studienfahrten – „eigentlich sind es Exerzitien“, mit denen er in seiner früheren Gemeinde gute Erfahrungen gemacht hat. Viele Jugendliche seien dadurch tiefer in den Glauben hineingewachsen, erklärt er gegenüber dieser Zeitung. Die erste Studienreise führt Ende August nach Russland und ist bereits ausgebucht.

Reicharts traditioneller Seelsorgestil zeigt sich in der Liturgie. Vor dem Kommunionempfang werden die Gläubigen zur Mundkommunion eingeladen. Vom geistlichen Profil des neuen Wallfahrtsdirektors zeugt auch die Selbstverständlichkeit, mit der er das Messopfer im klassischen römischen Ritus pflegt. Schon in der Ära Imkamp wurden beide Formen des römischen Ritus in der Wallfahrtskirche gefeiert. Reichart legt Wert darauf, „dass die alte Messe ganz normal dazugehört“. An Maria Himmelfahrt zieht es am späten Vormittag zahlreiche junge Gläubige zum Amt im klassischen römischen Ritus in die Wallfahrtskirche. „Mehr als zufrieden“, äußert sich der Wallfahrtsdirektor über den Festtag. Dankbar ist er seinem Vorgänger: Was Prälat Imkamp in Maria Vesperbild geleistet habe, sei in diesen Jahrzehnten nicht selbstverständlich gewesen.

Den Brauch, Mariä Himmelfahrt mit einem abendlichen lateinischen Pontifikalamt an der Grotte zu beschließen, will Reichart nicht abschaffen. Doch in diesem Jahr ist statt eines Bischofs der Nationaldirektor der Päpstlichen Missionswerke in Österreich, Pater Karl Wallner OCist, Zelebrant und Prediger. Er überrascht die Wallfahrer mit der spontanen Entscheidung, ein deutsches Hochamt zu feiern. Vor einem eindrucksvollen Aufmarsch lokaler CSU-Politiker lehrt er die Gläubigen ein Kindergebet, erwähnt die Geschichte des Zisterzienserstifts Heiligenkreuz und die Marienverehrung seines Ordens. Mit Nachdruck ermutigt Pater Wallner zur Mission: „Das Christentum ist die Heimholungsaktion Gottes für die ganze Welt.“ In den Himmel kämen Christen jedoch nicht allein, sondern nur, wenn sie sich bemühten, andere mitzunehmen. „Wo sind die Kinder und Jugendlichen?“, fragt er. Mit Verve wirbt er für die Gebetsbewegung „Gott kann“. Die Unterstützer beten für einen konkreten jungen Menschen, der den Glauben noch nicht kennt oder religiös suchend ist. Pater Wallner empfiehlt aus eigener Erfahrung das Rosenkranzgebet für Ungetaufte und Muslime. Beeindruckt äußert sich der Zisterzienser nach der stimmungsvollen Lichterprozession über den Faktor Neuevangelisierung des mittelschwäbischen Marienheiligtums: „Wir müssen solche Orte wie Maria Vesperbild nützen, um innerlich aufzutanken. An der Stimmung, die hier herrscht, sieht man, dass die Menschen hinausgehen und etwas ausstrahlen werden. Und bei vielen werden missionarische Taten folgen, die auch ganz klein sein können. Wenn eine Großmutter mit ihren Enkeln die Grundgebete spricht oder ihnen aus der Kinderbibel vorliest, dann sind das missionarische Taten“. Seit dem Zweiten Vaticanum sei, leider nicht beachtet in der deutschen Theologie, Mission das Hauptthema der Kirche, stellt Wallner fest. Gerade die traditionelle Prägung von Maria Vesperbild und die bodenständige Frömmigkeit der Menschen liegen ihm. Das Ganze sei sehr stimmig. „Ich bin selbst ganz marianisch inkulturiert durch Fatimafeiern und Sühnenächte. Schon als Jugendlicher waren sie für mich eine Kraftquelle. Ich glaube auch, dass meine Eltern und Großeltern dort meine Berufung erbetet haben.“

Quelle: https://www.die-tagespost.de/kirche-aktuell/Magnet-Maria;art312,191338

 

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